Nara, die Stadt der Rehe!

Nach den ganzen Eindrücken von gestern, schlafen wir heute ein bisschen länger. Wir brauchen Kraft für unseren Trip nach Nara.

In 30 Minuten haben wir all unsere Habe gepackt und sind bereit zum Abmarsch. Wir wollen den Bus in der Nähe unseres Hotels zurück zum Bahnhof nehmen, rätseln aber einmal mehr welcher Bus der richtige ist. Ich frage eine ältere Dame, die mir freundlicherweise zeigt, welchen Bus wir nehmen müssen. ありがとうございます.

Mit dem Bus fahren wir bis kurz vor den Bahnhof, steigen dann aber schon aus, damit Jan noch einen Trip den Kyoto Tower hinauf machen kann. Den hatten wir uns am ersten Tag aufgrund des Regens gespart und am zweiten und dritten Tag kamen wir einfach nicht mehr dazu. Vorher gibt es aber ein kleines Frühstück beim lokalen Bäcker, der eine Mischung aus japanischen und französischen Brotzspezialitäten führt.

Dann geht es für Jan den Tower rauf, während ich unten sitzen bleibe um unser Gepäck zu bewachen.

Sobald Jan aus luftiger Höhe wieder zurück auf dem Boden angekommen ist, beeilen wir uns unseren Zug zu erwischen. Dann dauert es ca. 45 Minunten ehe wir in Nara ankommen. Gleich am Anfang bekommen wir den ersten Hinweis darauf, dass Nara die Stadt der Rehe ist.

Vom Bahnhof ist es diesmal nur einen kurzen Fußweg zu unserem Hotel, dem Smile Hotel. 😊

Der Check-In funktioniert einmal mehr reibungslos und schon sind wir wieder auf dem Weg. Neues Ziel: Nara Park!

Aber erst einmal eine kleine Erfrischung. Fanta Pfirsich gefällig?

Dann sind wir auch schon wieder zurück am Bahnhof und nehmen von dort den Nara City Bus, der sowohl mit als auch gegen den Uhrzeigersinn die wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Nara abfährt. Kurz drauf steigen wir schon wieder aus und stehen mitten im Nara Park. Die Rehe sind jetzt auch nicht mehr weit. Tatsächlich stehen sie uns quasi schon auf den Füßen. Ein spektakulärer Anblick!

Die Rehe sind hier an die Menschen gewöhnt – schließllich gibt es Futter ohne Ende! Zudem sind die Rehe für die Einwohner von Nara heilig. Dies liegt daran begründet, dass Nara früher das wichtigste religiöse Zentrum Japans und einst Hauptstadt des Landes war. Damals lebte die einflussreiche Familie Fujiwara in Nara und kontrollierte die politische Bühne. Sie ließen unter anderem den Kasuga Taisha Tempel errichten und vereehrten dort Gottheiten, die auf Rehen ritten. Im Allgemeinen gelten Rehe und Hirsche in Japan als Boten der Götter. Im Zuge einer fehlgeschlagenen Reformpolitik verschob sich die Macht vom Weltlichen ins Religiöse und die Priesterschaft von Nara schien überwältigend. Die Macht der Fujiwara schwand allerdings und somit auch der Einfluss der religiösen Führer. Schließlich wurde die Hauptstadt von Nara nach Kyoto verlegt, um die Macht der Priesterschaft endgültig zu brechen. Zurückgeblieben sind die beeindruckenden Tempelbauten und Naras „zahme“ Rehe.

Überall im Park sieht man zunächst nur eins: Rehe, Rehe, Rehe! Aber vorsicht! Obwohl sie nicht so scheu sind wie gewöhnliche Rehe, sind es immer noch Wildtiere, die durchaus energisch nach Futter betteln können bzw. die sich verteidigen, wenn sie sich bedroht fühlen (vor unseren Augen einem armen Mann passiert!). Wir bewundern die Tiere also mit einiger Vorsicht, schießen dabei aber doch einige schöne Bilder.

Manche Rehe scheinen allerdings nie genug zu bekommen und fressen – im wahrsten Sinne des Wortes – einfach alles.

Wisst ihr übrigens was die Rehe machen, wenn sie nicht umherlaufen oder nach Futter betteln? Hier ein Tipp:

Nach dem ganzen Spaß mit den Rehen geht es direkt zum Todai-ji, einem der größten und wichtigsten Tempel Japans. Die Haupthallte des Tempels, die Daibutsuden (Große Buddha Halle) ist das größte Holzgebäude der Welt, obwohl sie nur eine Rekonstruktion und rund ein Drittel kleiner als das Original ist. In dieser massiven Halle befindet sich der noch massivere Bronzebuddha (Daibutsu). Die offiziellen Maße, die auf unserer Eintrittskarte stehen, lauten wie folgt:

Höhe des Körpers: 14,98 Meter
Länge des Kopfes: 5,33 Meter
Länge der Augen: 1,02 Meter
Länge der Ohren: 2,54 Meter
Höhe des Lotusblattes: 3,05 Meter

Wen es noch interessiert, hier die Maße der Halle selbst:

Breite: 57,01 Meter
Tiefe: 50,48 Meter
Höhe: 48,74 Meter

Zur rechten und linken des Daibutsu sitzen zwei Bodhisattva, die zwar kleiner, aber nicht weniger beeindruckend sind.

Eine weitere Attraktion ist ein Loch in einer der Säulen der großen Halle, das die gleiche Größe wie das Nasenloch des Daibutsu hat. Es heißt, wer sich durch das Loch zwängen kann, erfährt im nächsten Leben Erleuchtung.

Wir schauen uns das Loch an und beschließen einstimmig, dass wir es gar nicht versuchen wollen. Am Ende bleiben wir noch stecken!

Auf geht’s zum Ausgang. Aber immer wenn ich mich umdrehe, ist Jan plötzlich verschwunden und ich muss warten, bis er zu mir aufgeschlossen hat. Hopp, hopp!

Draußen streifen wir weiter durch den Park und machen noch ein paar schöne Fotos.

Zeit für eine Mittagspause. Wir laufen im Park ein ganzes Stück zurück und finden ein nettes Cafe, in dem wir einkehren.

Für Jan gibt es zwei mit Bananen gefüllte Pancakes und eine Melon Soda.

Ich probiere mich währenddessen an einem Omelett (Japan-Style) mit dazugehörigem Beilagensalat und einer Bananenmilch.

Nach dieser Stärkung wollen wir nach Naramachi (übersetzt heißt der Name nichts anderes als Nara Stadt 😆), einem ehemligen Handelsviertel der Stadt, in dem sich auch heute die Geschäfte tummeln.

Auf dem Weg dahin bemerken wir, dass sogar das Eis in Nara von den Rehen inspiriert wird.

Am Straßenrand werden einige Köstlichkeiten verkauft. Unter anderem eine Spezialität, die uns bekannt vorkommt.

Dann ziehen wir durch die Einkaufsstraßen von Naramachi, die nicht ganz so groß und überfüllt ist wie die Straßen von Nikishi in Kyoto.

Highlight unseres Streifzugs ist ein Laden, in dem Machi frisch hergestellt werden. Und es wird ein ganz schönes Spektakel draus gemacht. Die Zuschauer drängen sich bis auf die Straße um dem Schauspiel zuzusehen. Deswegen sorgt einer der Mitarbeiter des Ladens für extra Sicherheit, indem er mit einer leuchtenden Kelle bewaffnet die Leute vor herannahenden Autos warnt und zurück auf den Bürgersteig schiebt.

Währenddessen hämmer seine beiden Kollegen mit gegenseitigen Rufen mit riesigen Holzhammern auf die Mochi-Masse ein. Höhepunkt des Ganzen ist es, wenn der Chef persönlich dazukommt und den Teig mit bloßen Händen und in rasender Geschwindigkeit bearbeitet, während sein Mitarbeiter weiterhin mit dem Hammer drauf haut. Wahnsinn!

Nachdem der Teig derart weich gekloppt wurde, kommt er in eine Maschine, die ihn in die kleinen Mochi-Kugeln presst, die wir kennen. Für 130 Yen lässt auch Jan sich überreden und erfreut sich an diesem Hochgenuss.

Wir beenden unseren Streifzug durch die Einkehr ins Hotel. Wir werden einmal in Nara übernachten, ehe es morgen dann gleich weitergeht. Nächster Halt: Himeji!